biff informiert

….vor 15 Jahren….

Im Jahr 2002 erlebten die Hamburger Frauenprojekte eine Zäsur: die damalige Sozialsenatorin (!) entschied, die Zuschüsse für einige freie Träger frauenspezifischer Angebote um 375.000 € zu kürzen (biff, dolle deerns, Frauenhäuser).
Aus der Presseerklärung der biff-Beratungsstellen:
„ Die fünf Frauenberatungsstellen haben ein Haushaltsvolumen von jährlich 667.840 €. Deshalb wären massive Stellenstreichungen bzw. die Schließung ganzer Frauenberatungsstellen die Folge, sollten die geplanten Kürzungen tatsächlich umgesetzt werden. Die Senatorin argumentiert, dass sie eine spezielle Beratung für Frauen nicht für notwendig hält. Statt dessen sollten Frauen sich zukünftig an Familienberatungsstellen wenden.“
Die Senatorin wurde damals mit dem Satz zitiert: „Frau sein an sich ist noch kein Grund, beraten zu werden“.

…15 Jahre später…

Natürlich, allein der Umstand weiblichen Geschlechts geboren zu sein, ist selbst verständlich kein Grund für Beratung. Aber wie wir wissen, sind die Lebensumstände von Frauen andere als die der Männer. Die Frauenberatungsstellen haben sich nach den erfolgten Kürzungen neu formiert und sind in Eimsbüttel, Harburg und Winterhude fester Bestandteil der sozialen Infrastruktur.

Inhaltlich bleibt vieles beim Alten: die Konflikte in Partnerschaft und Familie, Gesundheitsfragen, finanzielle Probleme, seelische Krisen sind die Hauptanliegen der ratsuchenden Frauen. Beim Thema (häusliche) Gewalt haben sich die Zahlen nicht verbessert, rund ein Viertel der Frauen, die eine Krisenberatung in Anspruch nehmen, sind davon betroffen. Die Anzahl der Frauen mit Migrationshintergrund liegt bei ca. 18%.
Hinzu kommen Faktoren, die der Zeitgeist hervor bringt: wir reden heute viel über die sog. Work-life-balance, Burnout, Niedriglohnsektor oder das Wechselmodell (die Aufteilung der Kinderbetreuung nach einer Trennung, paritätisch aufgeteilt).

Es ist augenfällig, dass sich der rechtliche Rahmen und auch gesellschaftliche Strömungen verändern, das Leben der Frauen aber letztlich nicht in der zu erwartenden Konsequenz. Es bleibt bei einem beachtlichen Lohngefälle, bei Doppel- und Dreifachbelastung durch Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung und Haushalt. Die Anforderungen an die Flexibilität macht neben dem Berufsleben auch im Familiären nicht halt. Die Kinderbetreuung ist inzwischen ein heftig umkämpftes Revier, da Väter in die Verantwortung und Versorgung eingebunden werden sollen- was im Prinzip schon lange ein Ziel ist – andererseits tritt das Kindeswohl leicht in den Hintergrund, da häufig über die „Rechte“ der Eltern, insbes. der Väter, gestritten wird. Die nachehelichen Unterhaltsansprüche der Frauen wurden drastisch reduziert- der Druck, schnell finanziell unabhängig zu werden ist hoch; ungeachtet des Lebensstils, für das sich das Paar anfangs entschieden hat (s. Ehegattensplitting, Teilzeitbeschäftigung i.d.R. der Ehefrau, Elternzeit usw.)
Last but not least ist die Bedrohung der körperlichen und seelischen Unversehrtheit stärker geworden durch z.B. sogenannte K.O.-Tropfen, durch digitale Medien („cybermobbing“), aber auch  durch Erlebnisse auf Flucht und Vertreibung sowie Menschenhandel.

Letztlich können MitarbeiterInnen von Beratungs- und Hilfseinrichtungen die Welt nicht ändern, auch die Welt ihrer BesucherInnen nicht. Was aber geht- und dies ist durch Erfahrung und Forschung belegt- ist die Befähigung, das Empowerment der Menschen, sich um ihre Belange zu kümmern und Verantwortung zu übernehmen. Aber auch, Wehrhaftigkeit zu entwickeln und einem Konflikt um die eigenen Bedarfe nicht grundsätzlich auszuweichen.
Die Frauen in ihrer Entschlossenheit zu unterstützen und die Männer in der Solidarität mit den Frauen zu stärken ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Einen Teil hierzu decken die Frauenberatungsstellen ab.

biff Website