Gemeinsam mit dem DGB Hamburg auf der Straße für mehr Gleichstellung

Acht Tage vor der Bundestagswahl waren wir am bundesweiten Aktionstag Geschlechtergerechtigkeit des DGB zusammen mit den DGB Frauen Hamburg in Hamburg unterwegs. Gemeinsam haben wir ein Zeichen dafür gesetzt, dass die neue Bundesregierung Gleichstellung ernst nehmen und sich aktiv dafür einsetzen muss!

 

Rede zum Aktionstag Geschlechtergerechtigkeit des DGB am 18.09.2021

Hallo, mein Name ist Annika Huisinga und ich spreche hier heute als Vertreterin des Vorstands des Landesfrauenrat Hamburg. Der LFR ist ein Dachverband von rund 60 Frauenverbänden aus Kirche, Bildung, Partei, Sport, Gewerkschaft, Kultur, Berufs-, Interessen- und Wohlfahrtsverbänden hier aus Hamburg.

Ich möchte mich gleich zu Beginn bei den Organisatorinnen bedanken, die das hier mit so viel Einsatz und Engagement auf die Beine gestellt haben.

Der LFR setzt sich, wie viele andere hier, schon lange für die Umsetzung des Art. 3 (2) des Grundgesetzes, d.h. die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ein. Und angesichts der Bundestagswahl fordern wir, dass auch der Staat seinem Auftrag aus Art. 3 (2) GG nachkommt, der da lautet: Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Und es ist ein Nachteil, wenn Frauen in politischen Parlamenten, die wesentliche Orte der gesellschaftlichen und politischen Willensbildung sind, nicht entsprechend vertreten sind. Dies führt zu politischen Entscheidungen, die die Perspektiven und Anliegen von Frauen übersehen und/oder ignorieren.

Nach der letzten Wahl ist der Frauenanteil im Bundestag wieder gesunken und mit einem Anteil von rund um 31 Prozent liegen wir weltweit nur auf Platz 45. Länder wie Frankreich und Spanien, die schon seit langem über Paritätsregelungen verfügen, haben Frauenanteile von weit über 40 Prozent in ihren nationalen Parlamenten. Die vielfache strukturelle Benachteiligung von Frauen, die Corona einmal mehr offengelegt hat, wird auch bei der Bundestagswahl 2021 wieder zu einem männerdominierten Parlament führen.

Und wenn ich hier einmal Dr. jur. Elisabeth Selbert, eine der vier »Mütter« des Grundgesetzes zitieren darf: »Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten ist schlicht Verfassungsbruch in Permanenz.«

Dem können wir nur zustimmen und es ist nicht so, dass Paritätsgesetze nicht möglich sind und deswegen fordern wir heute hier, dass die nächste Bundesregierung endlich diese frauenpolitische Anstrengung übernimmt, um die Durchsetzung der Gleichstellung zu fördern.

Einige denken jetzt sicherlich an die Entscheidungen der Gerichte aus Brandenburg und Thüringen, die Parité-Gesetze als verfassungswidrig abgelehnt haben, weil sie die Wahlrechtsgrundsätze aus Art. 38 (1) GG – das Recht auf eine geheime, gleiche und vor allem freie Wahl und die Parteienfreiheit aus Art. 21 (2) als höherwertig, als das Gleichstellungsgebot eingestuft haben.

Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Februar aber etwas anders entschieden. Demnach kann eine Einschränkung der beiden Grundrechte erfolgen, wenn es die Durchsetzung der Gleichstellung gebietet. Dabei geht dem BverfG nicht um die zahlenmäßig gleiche Repräsentanz von Frauen und Männern, sondern vielmehr geht es darum, strukturelle Nachteile von Frauen bezüglich der politischen Willensbildung auszugleichen.

Denn es ist nicht so, dass sich Frauen weniger für Politik interessieren oder das nicht so gut können. Die Gründe für die nicht-gleichberechtigte Teilhabe sind auch hier unter anderem stereotype Rollenbilder und die Tatsache, dass ein politisches Amt eben nur schwer damit vereinbar ist, wenn zu Hause die Hauptlast der Care-Arbeit getragen werden muss.

Quotierungen haben sich als geeignetes Mittel in der Gleichstellungspolitik erwiesen, um strukturellen Nachteile auszugleichen. Andere gute und ebenso wirksame Vorschläge nehme ich natürlich gerne entgegen!


In Parteien, die eine Quotenregelung bei der Aufstellung der Kandidat*innenlisten haben, ist der Frauenanteil an den Parlamentssitzen im Bundestag im Verhältnis zu ihren Mitgliedern sogar überproportional hoch.


Die Geschichte lehrt, dass Frauenrechte niemals vom Himmel fallen. Sie sind nie von allein gekommen. Sie sind immer erkämpft worden. Und heute Radeln wir dafür. Unverbindlich Empfehlungen reichen nicht mehr, um auch die Perspektive der Frauen durchzusetzen.

Ich hoffe es ist klar geworden, dass es eine politische Entscheidung ist, ob und wie eine paritätische Besetzung der Parlamente durch das Wahlrecht erreicht werden kann.

Wie sich die einzelnen Parteien zu dem Thema geäußert haben, könnt ihr auch auf der Webseite des LFR nachlesen. Ihr habt die Wahl. Tretet in die Pedale und nutzt sie!

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